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Bildungsleitbild Ilm-Kreis

In der 20. Sitzung des Kreistages des Ilm-Kreises der Wahlperiode 2019 bis 2024, am 30. März 2022, wurde das erste Bildungsleitbild für den Ilm-Kreises beschlossen. Der Beschluss trägt die Nr. 245/22. Eine Fortschreibung des Bildungsleitbildes erfolgt spätestens nach 5 Jahren.

Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit dem vorliegenden Bildungsleitbild des Ilm-Kreises beschreibt unser Landkreis erstmals Prämissen, mit denen wir die kommunale Bildungslandschaft ausgestalten möchten. Es umrahmt unser Verständnis des Bildungsbegriffes und beschreibt die wichtigsten Handlungsfelder. Der Kreistag beschloss am 05.04.2017 die Erstellung des Bildungsleitbildes im Rahmen des Aufbaus der „Integrierten Sozialplanung im Ilm-Kreis“. Es steht in einer Reihe mit der Armutspräventionsstrategie und dem Integrationskonzept des Ilm-Kreises. Das Bildungsleitbild gibt Orientierung bei der Frage nach einer Definition von Bildung, gleichwohl es selbst keine Definition ist. Es orientiert sich an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, die das Recht auf Bildung als Menschenrecht festschreibt.

Dieses Leitbild definiert den Rahmen der kommunalen Bildungsplanung, der Bildungskonzeptentwicklung und abzuleitender konkreter Bildungsmaßnahmen. Es kann den Bildungsakteuren des Ilm-Kreises als Grundgerüst und Orientierung dienen, ganz gleich ob staatliche Organisation, freier Träger, Verein oder Einzelperson. Das Bildungsleitbild lädt alle Bildungsakteure sowie die Bildungsnutzer und Bildungsnutzerinnen ein, gemeinsam die bildungspolitischen Ziele auf kommunaler Ebene zu erreichen. Gemeinsam können wir sicherstellen, dass allen Menschen im Ilm-Kreis über ihren gesamten Lebensverlauf hinweg gute Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Petra Enders

Landrätin


Präambel

Bildung soll allen Bildungsnutzerinnen und Bildungsnutzern in jeder Lebensphase dienen und die gesamte Lebensspanne umfassen. Sie eröffnet Möglichkeiten für ein lebenslanges, selbstwirksames und selbstbestimmtes Lernen. Alle Formen des Lernens werden durch Bildung umfasst – die formalen, die non-formalen und die informellen – und damit ein ganzheitliches Lernen, welches zur gesellschaftlichen Teilhabe und mündigen Selbstbestimmung befähigt. Der Abbau systematischer Bildungsbenachteiligung, die Förderung von Chancengerechtigkeit und die Entfaltungsmöglichkeiten für Talente und Hochbegabte sind gleichermaßen wichtig. Eine konzeptionell und kontinuierlich ausgebaute Bildungslandschaft, die den ländlichen Raum genauso berücksichtigt wie die städtischen Zentren, schafft dieses Spektrum an Möglichkeiten.

In enger Zusammenarbeit mit den Städten, Gemeinden und Verwaltungsgliederungen im Ilm-Kreis soll die Umsetzung dieses strategischen Vorhabens gelingen. Sie wird untersetzt durch Zielsetzungen und Handlungsschritte, die im zu erstellenden Bildungskonzept konkret beschrieben werden. Das Bildungsleitbild soll in regelmäßigen Abständen, spätestens nach fünf Jahren, fortgeschrieben werden.

 

Lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen

Lebenslanges und lebensbegleitendes Lernen sind elementare Bedürfnisse der Menschen. Mittels individueller Lernbiografien werden persönliche Kompetenzen entwickelt und verstärkt. Lernende Menschen nutzen die ganze Breite der formalen, non-formalen und informellen Gelegenheiten, um selbstbestimmt, selbstwirksam und eigenverantwortlich ihr Wissen zu erweitern. Sie benötigen über ihre gesamte Lebensspanne Bildungsangebote, die eine konstruktive Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Bedingungen ermöglichen. Bildungsangebote unterstützen die zielorientierte Mitbestimmung und Mitgestaltung des freiheitlichen und demokratischen Zusammenlebens.

Der Ilm-Kreis fühlt sich einem umfassenden Bildungsbegriff verpflichtet und unterstützt alle Bildungsakteure in ihrem Bemühen, eine breite Angebotspalette für alle Altersgruppen, jedes Bildungsstadium und alle Formen des Lernens zu offerieren.

 

Lebens- und Sozialraumbezug von Bildung und Bildungsangeboten

Der Ausbau von lebens- und sozialraumbezogenen Bildungsangeboten ist zukunftsorientiert. Durch einen lokalen Ansatz von Bildungs- und Förderketten werden Menschen unterstützt, vor dem Hintergrund globaler, ökologischer, ökonomischer und sozialer Herausforderungen begründete Entscheidungen zu treffen und verantwortungsbewusst zum Schutz der Umwelt, für eine nachhaltige Wirtschaft und eine gerechte Gesellschaft zu handeln. Unterschiede zwischen den Bedingungen von Lebens- und Sozialräumen erhalten besondere konzeptionelle Beachtung. Die aktive Einbindung der allgemeinen und weiterführenden Schulen sowie der Hochschule in den Sozialraum und die Gemeinschaft ist Herausforderung und Verpflichtung zugleich. Kommunale Bildungsdienstleister stehen in der Verantwortung, nachhaltige und auf die Gesamtfläche des Ilm-Kreises ausgerichtete Bildungsangebote zu unterbreiten. Der Ilm-Kreis hat sich als Zeichnungskommune im Agenda 2030 Prozess verpflichtet, Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung umzusetzen.

Der Ilm-Kreis unterstützt den kontinuierlichen und strukturellen Ausbau von Bildungsangeboten für alle Menschen gleichermaßen. Kriterien der Nachhaltigkeit werden in den eigenen Konzepten und Bildungsangeboten mitgedacht.

 

Bildungslandschaft und Bildungsnetz

Der Ilm-Kreis besitzt eine vielfältige Bildungslandschaft, in welcher die einzelnen Bildungsphasen sowie die Übergänge zwischen diesen begleitet werden und Unterstützung finden. Der bedarfsorientierten Angebotsgestaltung, dem Aufbau und der Modernisierung digitaler Angebote sowie der Stärkung mobiler Bildungsangebote kommt eine besondere Bedeutung zu. Die kommunale Bildungslandschaft und das Bildungsnetz basieren auf fördernden Lernumgebungen. Sie bilden den Rahmen für Standortplanungen sowie Ausbau und Modernisierung der kommunalen Bildungseinrichtungen und sind auf alle Altersgruppen und Begabungen ausgerichtet. Der Ilm-Kreis ist Hochschulstandort.Wissenschaft und Gesellschaft bedingen sich einander und geben sich gegenseitig Impulse. Die Technische Universität Ilmenau ist für die Entwicklung des Ilm-Kreises von großer strategischer Bedeutung. Der Ilm-Kreis setzt sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Universität ein.

Eine bedarfsorientierte Angebotsgestaltung in allen Bildungsbereichen bildet die Grundlage für ein bedürfniserfüllendes Bildungsnetz in einer modernen Bildungslandschaft.

 

Kooperation, Netzwerkarbeit und Interdisziplinarität

Kommunale Bildungslandschaften erfordern Multiprofessionalität, Netzwerkarbeit und Interdisziplinarität. Strategische und zukunftsorientierte Planungen benötigen einen breiten gesellschaftlichen Konsens, basierend auf Transparenz, Selbstbestimmung und Mitverantwortung. Der Ilm-Kreis trägt Sorge, dass neben den kommunalen Verantwortlichen und Bildungsakteuren eine breite gesellschaftliche Partizipation demokratischer gesellschaftlicher Gruppen, Vereinigungen, Beiräte und Bildungsakteure innerhalb der Bildungslandschaft gewährleistet wird.

Der Ilm-Kreis unterstützt im Rahmen seiner Möglichkeiten Netzwerkarbeit und Kooperationen innerhalb verbindlicher Strukturen.

 

Inklusion und Integration

Der Ilm-Kreis garantiert den Bildungszugang für alle Menschen, gleich welcher persönlichen, sozialen oder ethnisch-kulturellen Herkunft. Die individuellen Voraussetzungen jedes einzelnen Menschen definieren wir als individuelle Fähigkeiten; bedarfsgerechte Förderungen gehören zur Selbstverpflichtung aller Bildungsakteure. Grundlage für die erfolgreiche Inklusion und Integration sind Konzepte, die individuellen Erfordernissen gerecht werden und Förderangebote in allen Bereichen einbeziehen, unterstützen und befürworten.

Inklusion und Integration sind Gesellschaftsaufgaben - die Pluralität der Bildungslandschaft im Ilm-Kreis bildet sich in den Zugangsmöglichkeiten zu Bildungsangeboten ab.

 

Qualität der Bildungsangebote

Definierte Qualitätsstandards bilden die Grundlage für Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung. Das Anregen der Fachkräfte zur regelmäßigen Weiterbildung ist für die Bildungseinrichtungen genauso selbstverständlich wie die Einbeziehung der Nutzerinnen und Nutzer bei der Evaluation und Weiterentwicklung der Qualitätsstandards. Qualitätssicherung und konstruktiver Wettbewerb der Bildungsanbieter sollen durch ein datenbasiertes kommunales Bildungsmonitoring, ein kommunales Bildungsberatungsangebot sowie ein konzeptionell arbeitendes Bildungsmanagement seitens des Ilm-Kreises unterstützt werden.

Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung sind ständige Prozesse und Aufgaben aller Bildungseinrichtungen und Bildungsakteure.

 

Berufsorientierung, Arbeitsmarkt und Technologieregion

Im Ilm-Kreis werden die berufsorientierenden Konzepte gemeinsam mit der lokalen Wirtschaft kontinuierlich erweitert und den Bedarfen des Arbeitsmarktes angepasst. Dabei liegt der besondere Fokus auf dem Übergangsmanagement von Schule-Berufsschule-Arbeit. Praxisbezogene und regionale Berufsorientierung in den Schulen und Fachkräftesicherung in den Unternehmen bedingen sich einander und benötigen strukturelle und strategische Unterstützung. Ein weitestgehend vollständiges und ausbildungsortnahes Angebot an beruflicher Ausbildung trägt maßgeblich zur Sicherung des Fachkräftebedarfs der regionalen Wirtschaft bei.

Die strategische und operative Verknüpfung zwischen Schule und Arbeitsmarkt stärkt die Region und die Wirtschaftsstandorte im Ilm-Kreis.

 

Digitale Bildung

Die zunehmende Digitalisierung in den Freizeit-, Lern- und Arbeitswelten ist in den vergangenen Jahren rasant vorangeschritten und wird auch weiterhin viele Bereiche des täglichen Lebens durchdringen. Kinder und Jugendliche wachsen in der digitalen Welt auf, während manche älteren Menschen vor die Herausforderung gestellt sind, den Umgang mit digitalen Prozessen in ihren Alltag zu integrieren. Ausgeprägte digitale Basisfähigkeiten sind für Kinder und Jugendliche zur Grundvoraussetzung für Bildung geworden, gleichzeitig ist die Vermittlung von digitalen Kompetenzen ein wesentlicher Themenbereich der Bildungsarbeit.

Die Befähigung zu einer selbstbestimmten Gestaltung digitaler Prozesse ist eine wichtige Kompetenz, die über die gesamte Lebensspanne relevant ist und deren Förderung bereits im Kindesalter beginnt.

 

Sprache als Kommunikationsgrundlage

Bildung findet zu großen Teilen über Sprache in Wort und Schrift statt. Auch für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Erfolg am Arbeitsmarkt sind gute sprachliche Fähigkeiten eine wichtige Grundlage. Dabei ist besonders das Kindesalter für den umfänglichen Erwerb von großer Relevanz. Besondere Bedarfe für qualitativ hochwertige Sprachbildung sind überall dort gegeben, wo die Vermittlung von Sprache elementar ist. Kommunikationsassistenzen, bilinguale Spracherziehung und Spracherwerb für die Herausforderungen einer global vernetzten Welt sind Schlüsselfähigkeiten.

Der Ilm-Kreis unterstützt Bildungsakteure bei der Schließung von Angebotslücken zur sprachlichen Bildung und fördert Kommunikationsangebote zur Stärkung der kommunikativen Fähigkeiten aller Menschen sowie zum Abbau von Barrieren.